Powerplay | Saison 2019/20 | Ausgabe 5

Was ein Goalie unterm Jersey trägt / Teil 1 ältere Modelle kennt, der sollte beim nächsten Stadionbesuch mal genau hinsehen. Sebastian erklärt: „Seit vier, fünf Jahren ist ein Torwart- schlittschuh optisch fast nicht mehr von einem Feldspielerschlittschuh zu unterscheiden. Wer sich genauer auskennt, sieht schon noch De- tails, die den Unterschied machen. Früher hat- te der Torwartschlittschuh ein dickes Cowling (Anm.d.Autors: eine Art Überschuh, der zu- sätzlichen Schutz bietet) rundherum gehabt, das braucht man heutzutage nicht mehr. Man hat nur noch im Zehen- und Spannbereich einen Plastikschutz dran, aber die Seiten, also Innen- und Außenrist, sind jetzt von der Schie- ne geschützt.“ Neue Technik bringt immer eine Umstellung und ein neues Gefühl mit sich. So war es auch bei „Birdy“: „Das war eine sehr angenehme Umstellung, weil der Schuh auch leichter geworden ist. Am Anfang war es schon ein etwas unsicheres Gefühl, weil man nicht wusste, ob der Schutz gegeben ist. Aber nach den ersten Trainingseinheiten war klar, dass das so passt.“ Unter dem Schuh sitzt die Kufe. Ein Teil, das auch für das Wohlgefühl beim Goalie sorgt. „Die Kufe ist auch etwas anders als bei Feld- spielern. Es gibt sogar Torhüter, die zwischen einer hohen und niedrigen Kufe unterscheiden. Manchen wollen so etwas größer sein, andere wollen lieber eine niedrigere Kufe, um mehr Kontakt zum Eis zu haben. Insgesamt ist die Goalie-Kufe aber stabiler als die eines Feld- spielers, weil sie mehr Schläge aushalten muss. Vom Schliff her ist der Torwartschlittschuh et- was schärfer, weil du mehr hart bremsen und sie zum Abstoßen brauchst.“ Nun werden die Schienen (Pads) angeschnallt. Hier gibt es eine schier endlose Varianten- vielfalt. Sebastian beschreibt es so: „Das ist eigentlich mit der wichtigste Ausrüstungsteil. Das ist nicht nur Schutz, sondern auch Trans- portmittel und ist von der Fläche her das größ- te Ausrüstungsteil.“ Beim Anziehen beginnt man unten und arbeitet sich dann hoch: „Als Erstes verbindet man die Schienen mit den Schlittschuhen. Alle Verbindungen sind dabei locker, damit sich die Schiene drehen kann. Das ist ganz wichtig. Die Schienen werden nicht ganz hart am Fuß und am Unterschenkel ange- zogen, sondern locker und leicht fest gemacht, damit sich die Schiene in der Butterfly-Position drehen kann. Das ist oft ein Fehler den Hobby- torhüter machen. Die ziehen die Schoner ganz fest und dann liegen die Schienen im Butterfly aber gar nicht auf dem Eis auf.“ Auch aufs Design wird Wert gelegt. „Die Schiene ist auch ein Prunkstück der Ausrüs- tung“, sagt Vogl und weiter: „Damit spielt man sich. Was für eine Marke, welche Größe, was für ein Design. Es gibt verschiedene Bie- gungen, also eher gerade oder mehr gebogen. Dann gibt es einen weichen oder harten Fuß. Es gibt verschiedene Brüche in der Schiene – entweder keinen, einen oder zwei. Die sind im Kniebereich, damit kann man die Beweglich- keit steuern. Wichtig sind die verschiedenen Härtegrade, die sind für die Art der Rebounds zuständig. Bei weicheren Schienen springt der Puck nicht so weit weg und er bleibt nahe am Goalie, sodass er ihn gleich schnappen kann. Bei härteren Schienen springt der Puck weiter weg, bis in die Ecke und man hat so Zeit, um wieder in seine Ausgangsposition zu kommen. Das richtet sich natürlich nach der persönli- chen Vorliebe bzw. wie man es von klein auf bei seinem Torwarttrainer gelernt hat. Das Oberflächenmaterial unterscheidet sich eben- falls. Es gibt Schienen, mit denen kann man schneller oder langsamer rutschen. Insgesamt kann man sich schon einige Zeit mit den Schie- nen beschäftigen.“ Weil es so viele Optionen gibt, sind die Pads auch keine Stangenware. Sebastian lässt wis- sen: „Die Schienen sind custom-made und sind speziell für uns gefertigt. Wer genau dieselben Schienen will, müsste erst mal wissen, wie meine konfiguriert sind, dann könnten sie ihm dieselben fertigen. Da geht es dann aber um mehrere tausend Euro.“ Die Technik hat auch hier nicht Halt gemacht. „Mittlerweile haben sie einen Carbon-Kern, darauf kommt eine Kunststoffschicht und dann folgt eine Art ganz harter Schaumgum- mi. Die Schienen halten aber nicht ewig, denn das Material wird immer dünner und leichter, so verschleißen sie auch mehr. Auf DEL-Niveau bekommt man vom Club schon zwei oder auch drei Paar je Saison. In den unteren Ligen ist das für die Goalies schon ein Kampf, weil wenn die Pads an Weihnachten ausgelutscht sind und du musst damit bis in die Playoffs kommen, dann wird es happig. Jeff und ich haben uns auf zwei Paar pro Saison eingepen- delt. Über Hendrik Lundqvist habe ich gehört, dass er zehn Paar pro Saison brauchen soll.“ Zur Hälfte ist der Goalie jetzt angezogen. In unserer nächsten Ausgabe verraten wir, wie es weiter geht. Armin Holl-Wagner 95 Ausgabe 5 | Saison 2019/20 | Clubmagazin POWERPLAY | Straubing Tigers

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